Roller Toaster

Morgen ist Muttertag. Die einen freuts, die anderen ärgern sich über diese Geldmacherei. Ich bin immer ein bisschen hin und hergerissen, was ich – selbst Mutter – von diesem Tag halten soll. Natürlich freue ich mich über Geschenke. Über die freue ich mich aber ehrlich gesagt noch ein bisschen mehr, wenn sie nicht am Muttertag kommen. Ich freue mich auch über spezielle Aufmerksamkeiten oder Überraschungen. Am meisten aber über die, die ich an einem stinknormalen Wochentag erhalte. Und ja, ich freue mich auch, dass man an mich denkt. Aber wenn morgen sowieso jeder an seine Mutter denken „muss“, verliert es für jede einzelne doch schon ein bisschen an Bedeutung, oder etwa nicht? Wer würde wirklich noch an den „Muttertag“ denken, wenn einem nicht die Socialmedia-Kanäle oder irgendwelche Werbeplakate die Erinnerung immer wieder entgegenschmettern würden? Und die Geschenke von Schulkindern erhalten wir ja mehrheitlich auch nur dank der Lehrer…
Ich könnte euch im Zusammenhang mit bereits erlebten Muttertagen von rosaroten Herzen und Bilderbuchgeschichten erzählen und somit den Druck auf den „perfekten Muttertag“ noch ein bisschen erhöhen. Aber ich erzähle euch einfach mal ganz real von meinem letztjährigen Muttertag. Und das ging so:
Die Buben kamen aus dem Bett gestürmt, umarmten und verteilten nasse Küsse. „Alles Gute zum Muttertag“ riefen sie unisono. Zuerst sagte der Grössere ein herzerwärmendes Gedicht, welches er in der Schule gelernt hatte. Zuckersüss. Dann das dazugehörige Geschenk: ein selbstgenähtes Herz gefüllt mit Lavendel. Mmmh, wie das roch. Ich liebe Lavendel. Er erklärte mir dann um was es geht: „Mama, das isch es Lavänduhärz. Wenn du di ufregsch ab mir, chasch do dranne schmöcke und de beruhigsch di schnäuer wieder. Und ig berchume somit weniger Ärger...“. Ich lächelte, bedankte mich, umarmte und küsste.
Dann kam das Geschenk vom Kleineren. Er hielt es fast nicht aus und fragte: „Darf ig häufe uspacke?“ Und noch bevor ich antworten konnte, flog das Papier in alle Richtungen. Hervor kam ein schön angemaltes Salzteigherz. In blau; meiner Lieblingsfarbe. Darauf geklebt eine Duftkerze. Kirsche, glaube ich. Er erklärte stolz: „Das hani aues säuber gmacht. Wenn du mou muesch chotze chasch da dranne schmöcke und de geits dr wieder besser“. Mein Blick flog zwischen den beiden Buben hin und her und dann mussten wir alle drei lauthals lachen...
Knapp zehn Minuten nach dieser herzerwärmenden Geschichte war auf einmal nichts mehr himmelblau und sonnengelb. Ein Gewitter braute sich zusammen. Zuerst entfachte am Frühstückstisch nullkomaplötzlich ein riesen Streit, weil der eine meinte den kleineren Löffel zu haben als der andere. Dann zogen nochmals tiefschwarze Wolken auf; fast so schwarz wie die Toastscheibe, die gerade aus dem Toaster gespuckt wurde. Der eine musste lachen und vom anderen war ein entsetztes „Wääääääh“ zu hören. Gleich darauf folgte eine Grundsatzdiskussion darüber wer denn nun schuld sei, dass der Toaster zu heiss eingestellt war und wie ungesund verbranntes Zeugs imfall sei... Und ja, wie soll ich sagen? Muttertag hin oder her; ich war noch vor dem Frühstück fix und fertig. Aber beruhigenderweise habe ich seit da ja jetzt ein Lavendelsäckli…
Egal ob der Muttertag seine Berechtigung hat oder nicht. Egal ob es nur noch eine „Mode-Erscheinung“ geworden ist und ganz egal ob der Spezialtag auch mal nur 10 Minuten dauert: Einen „Toast“ auf euch, ihr Mütter, haltet durch! Ihr macht einen grossartigen Job. Immer und immer wieder. Und um dieser Wahnsinns-Leistung wirklich gerecht zu werden, würde auch ein ganzer Tag voller Geigen echt nicht ausreichen...
Und imfall, ich habe mir sagen lassen, dass die (Rollercoaster-)Fahrten manchmal schneller vorbei gehen, als einem lieb ist. Und wenn die Achterbahnen dann vom „Gruselkabinett“ abgelöst werden könnte es vielleicht sein, dass wir uns wünschen werden wir sässen wieder auf dem Karussell… aber i wott nüt gseit ha.
Happy Mothersday, ihr wundervollen Mütter.