Sie sind hier: Startseite » Texte » Nimms leichter

Nimms leichter

Der Sommer kommt mit grossen Schritten näher und mit ihm von überall her Werbung für Abnehmpräparate und Übungen für den perfekten Sixpack oder einen strafferen Hintern. Ich mag diese Abnehmtipps nicht. Da erinnert dich fast täglich jemand (notabene ungefragt), dass die Badesaison bald startet und sich dein Ranzen im Bikini nicht wirklich gut machen wird. Zudem sind viele Tipps meist mit «Verzicht» verbunden und ich mag verzichten nicht so. Und ich kann mir einfach nicht helfen, aber wenn man mir etwas ungefragt aufdrängt, dann funktioniert das bei mir sowieso nie. Auch nicht, wenn da «Abnehmgarantie» draufsteht.

Ich bin ein Genussmensch und kann nur schlecht «nein» sagen zu Süssem und Salzigem. Ich mag deftiges Essen und schwere Weine. Und paradoxerweise hat das, was ich besonders mag, besonders viele Kalorien. Nichtsdestotrotz war ich mit mir und meinem Körper immer mehr oder weniger zufrieden. Letzten Sommer stand dann die Kontrolle beim Herzspezialisten an. Ich habe einen Mitralklappenprolaps. Eine angeborene Fehlbildung des Herzens. Es hört sich schlimmer an, als es wirklich ist. Wegen diesem „Prolaps“ muss ich alle paar Jahre zur Kontrolle. Der Herzdoc bat mich also auf die Waage zu stehen. Er reagierte mit grossen Augen, gefolgt von einem entsetzten: «Wieso haben Sie 10 Kilo zugenommen?». Ich versuchte äusserlich cool zu bleiben und reagierte auch ebenso: «Ich habe inzwischen zwei Kinder bekommen». Er quittierte mit «Aha» und murmelte: «Lassen wir das mal so gelten…».

Meiner «Mitralklappe» geht’s übrigens prima. Die 10kg Mehrgewicht stören sie überhaupt nicht. Sie ist halt eine coole Sau. Ich bin aber diesbezüglich weniger «cool» und so nagte die Aussage des Docs an mir. Das wurde auch nicht besser als meine Bonusmutter mich fragte, ob ich wieder schwanger sei und meine Nichte mir bestätigte, dass in der Familie dieses Gerücht auch schon die Runde gemacht habe. Grundsätzlich bin ich eher der Typ «Hauptsache gesund und glücklich», aber letzten Sommer war ich nicht mehr glücklich. Und zwar nicht nur, weil mir gefühlt die halbe Welt mitteilte, dass ich zugenommen hatte. Nein vor allem, weil ich meine Lieblingsjeans nicht mehr tragen konnte und ständig das Bedürfnis hatte den Bauch einzuziehen.

Mein Mann und ich machten also einen «Abnehm-Deal». Er geht nämlich mit mir durch «dick und dünn». Der Deal lautete: Jeden Sonntagmorgen stehen wir auf die Waage und wer zugenommen hat, muss dem anderen einen grossen Gefallen tun. Ich will euch gar nicht lange auf die Folter spannen: Keiner musste dem anderen je einen solchen Gefallen tun und wir haben beide bis Ende Jahr fast 10 Kilo abgenommen. Notabene ohne Abnehmpräparate oder irgendwelchen schweisstreibenden Verrenkungsübungen. Bähm.

Ehrlich gesagt waren wir beide schon sehr überrascht, wie einfach das Abnehmen gehen kann. Und sehr bald bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Wenn du abnehmen WILLST, dann gewinnst du den Kampf gegen den «inneren Schweinehund» (und somit gegen die Pfunde). Wenn du hingegen abnehmen «musst» (weil andere dir das Aufschwatzen, oder weil du denkst du müsstest «wegen den Anderen» abnehmen), wirst du den vielen Versuchungen vermutlich sehr bald nachgeben und so den Kampf verlieren…

Keine Angst: Ich werde jetzt nicht auch anfangen «Abnehmtipps» zu geben. Denn deine «Problemzonen» gehen mich nun wirklich nichts an. Aber eine Vorwarnung muss ich dir einfach geben: Den Jojo-Effekt, den gibt’s imfall wirklich. Wenn du beim Wunschgewicht angekommen bist und danach wieder so isst und trinkst wie vorher, dann geht’s enorm schnell wieder aufwärts mit den Kilos. Und dann kommt der März 2021 und du hast die abgenommenen Kilos fast alle wieder drauf… Mmmm-hm! So fingen wir also wieder von vorne an mit unserem «Abnehmdeal»… *seufz*. Und bis jetzt haben wir die ersten 3.5 kg bereits wieder geschafft…

Doch, doch, du kannst das auch. Bestimmt. Aber nur wenn du es wirklich willst. Und wenn du nicht willst, dann bist du mit ziemlicher Sicherheit gut so wie du bist.