Das Märchen der bösten Stiefmutter

Das Bild der bösen Stiefmutter hält sich hartnäckig. Hollywood macht es vor: Die Stiefmütter sind immer hinterhältig und trügerisch. Ich kenne gerade keinen Film der eine nette Stiefmutter zeigt. Und sollte es sie geben: Bitte unbedingt her damit in den Kommentaren.

Jedenfalls: Meinen Text widme ich heute allen tollen «Stiefmüttern» da draussen.

Seit ein paar Jahren bin ich selbst auch so eine «Stiefmutter». Die Schwierigkeiten, die ich mit meinen «Stiefkindern» habe, sind vergleichbar mit denen die ich auch hätte, wären sie meine leiblichen Kinder; das übliche Eltern-Kind-Gezanke halt. Und mir ist bewusst, dass ein solches Verhältnis längst nicht allen vergönnt ist. Vielleicht liegt es bei uns daran, dass die «Stiefkinder». nicht nur jedes zweite Wochenende bei uns sind, wie das oftmals der Fall ist. Und sie sind auch nicht jedes zweite Wochenende weg. Ich bin es also, die beim ersten Liebeskummer zuhört. Und auch beim zweiten und dritten. Ich helfe bei Schulaufgaben oder bei Abschlussarbeiten, erkläre wie man putzt, wäscht oder wie man Bewerbungen verfasst. Ich bin nervös, wenn sie eine Prüfung schreiben oder sonst etwas Wichtiges ansteht. Ich koche für sie oder philosophiere mit ihnen über das Leben und über ihre Zukunftspläne. Ich organisiere die Geburtstagsfeste und überlege mir das perfekte Geschenk. Sie nerven mich und sie erfreuen mich. Ich tröste, weine und lache mit ihnen. Ich fahre sie von A nach Z und ich pflege sie, wenn sie krank sind. Ich bestärke sie bei Entscheidungen oder rate ihnen davon ab. Kurz gesagt: All‘ das was Mütter halt so tun. Einfach ohne je ihre Mutter zu sein…

In meinem Umfeld gibt es großartige Frauen die «Stiefmütter» sind und ihre Zeit für ihre «Stiefkinder» aufopfern. Ich selbst habe auch eine tolle «Stiefmutter». Darum hoffe ich für sie alle (und auch für mich), dass «Stiefmütter» endlich einen besseren Ruf geniessen dürfen. Seid nett zu ihnen, denn sie brauchen vielleicht sogar noch ein paar «Schulterklopfer» mehr, als Mütter sowieso schon vertragen könnten. In diesem Zusammenhang liegt mir noch etwas auf dem Herzen: Wäre es ächt möglich, dass wir ab sofort nicht mehr den Begriff «Stiefmütter» verwenden, sondern sie hochoffiziell «Bonusmütter» oder meinetwegen «Patchworkmütter» nennen? Ach ja, und wenn wir schon dabei sind: Könnte man bitte diese Wörter offiziell im Duden aufnehmen? Das wäre schön. #dankeduden

Liebe Bonusmütter, I feel you.
Ja, «sie» haben nicht eure Augen und auch nicht euer Lächeln, aber sie haben einen Teil von eurem Herzen. Und auch wenn man es in Hollywood bis heute noch nicht kapiert hat: ihr seid furchtlose Kriegerinnen! Vielleicht nicht in einem Blockbuster, aber dafür im realen Leben. Und das ist doch sowieso viel mehr wert als jedes «gespielte Happy End»…